Ich liege gut eingepackt in meinem Schlafsack, halb auf meiner Isomatte und freue mich über ein bisschen Ruhe nach der turbulenten Anreise. Ein bisschen ärgere ich mich, dass ich Olli nicht auch einfach eine Isomatte eingepackt habe, denn jetzt macht er mir meine im Schlaf streitig. Er war der Meinung, dass er gut auf dem Boden ohne Isomatte schlafen kann. Beim Einschlafen hat das auch noch gut geklappt, aber im Schlaf wird er zu einem Isomattendieb, der sich weder von Wegschiebeversuchen, noch Tritten beirren lässt. Ich überlege gerade, wie ich ihn am besten wegrollen kann, als ich ein „Muuuh“ höre. Schlagartig ist Olli wach und springt aus seinem Schlafsack. Ich freue mich über den freigewordenen Platz und mache es mir auf meiner Isomatte bequem. Olli reißt den Reißverschluss unseres Zeltes auf, ich drehe mich um und schließe die Augen. Es ist schließlich noch früh am Morgen und wir haben ja keine Eile. „Scheiße! Wir müssen hier sofort weg!“ höre ich Olli schreien. Ich höre lautes Getrampel, welches immer näherkommt. „Das war knapp!“ höre ich Olli rufen. Er dreht sich zu mir um. „Was ist denn los?“ frage ich müde und ein bisschen genervt. „Wir haben gestern Abend unser Zelt auf einer Kuhweide aufgestellt.“ erklärt er mir aufgeregt. ˝Na und. Das wird wohl keinen stören.“ entgegne ich ihm und drehe mich wieder um. „Die haben uns gerade fast zu Tode getrampelt!“ sagt Olli energisch. Ich bin noch zu müde, um den Ernst der Situation ganz zu verstehen, aber merke, dass Olli es ernst meint. Ich pelle mich also aus meinem warmen Schlafsack, während Olli die restlichen Sachen zusammenpackt. So schnell es uns in unserer morgendlichen Verfassung möglich ist, packen wir das Zelt zusammen und machen, dass wir von der Weide wegkommen. Durch die morgendliche Dämmerung und die grüne Plane unseres Zeltes kann ich mir jetzt auch gut vorstellen, dass die Kühe vorhin unser Zelt beinahe übersehen hätten.
Wir stehen auf dem Parkplatz neben unseren Motorrädern. Olli tippt auf seinem Handy und ich stehe teilnahmslos neben ihm. „Ich gucke gerade nach einem Café. Vielleicht können wir uns da erstmal etwas Kleines zu Essen holen.“ murmelt Olli. Ich bin froh, dass er mich so gut kennt. Meine Mutter hat früher schon immer gesagt: „Hunger, Pippi, Kalt. So ist unser Lieschen halt.“ Und gerade bin ich nicht nur hungrig und kalt, sondern vor allem müde. Das ist eine tödliche Mischung für meine Stimmung.
Er fängt an unser Gepäck auf die Motorräder zu verzurren. Für eine Woche Schweden haben wir ein kleines Zelt, 2 Schlafsäcke, leider Gottes nur eine Isomatte, einen Trangiakocher und ein paar Wechselklamotten dabei. Da wir keine Koffer haben, ist der Kleinkram in einem Rucksack verstaut und der Rest notdürftig auf unsere Motorräder geschnallt. Ich bin mit meiner Suzuki GSXS-125 und Olli mit seiner Honda NTV 650 unterwegs.
Gestern sind wir noch voller Vorfreude auf unsere Motorräder aufgestiegen und blauäugig losgefahren. Da wir erst nachmittags in Deutschland starteten und das Wetter regnerisch und bewölkt war, wurde es auf dem Weg schnell dunkel, nass und kalt. Wir kamen aufgrund meiner 14 Ps und des starken Gegen- und Seitenwindes nur schwerlich voran, weshalb es immer später wurde. Bei einer Tankstelle machten wir dann kurz halt, um uns aufzuwärmen. „Ich habe einen Schelter in der Nähe der Grenze gefunden. Wollen wir da einfach hinfahren und morgen dann weiter gucken?“ fragte Olli mich in sein Handy schauend. Mir war zu dem Zeitpunkt schon alles egal. Ich wollte nur in meinen Schlafsack krabbeln und meine erschöpften Augen schließen. Also fuhren wir den Schelter an, welcher im Wald lag und im Dunkeln gar nicht so einfach zu finden war. Nach erfolgreicher Suche mussten wir dann aber feststellen, dass dieser schon besetzt war. Kurzer Hand haben wir dann beschlossen, einfach unser Zelt vor dem Shelter aufzubauen. Wir gingen also durch ein kleines Holztor auf die Wiese vor dem Shelter und bauten unser Zelt auf. Da das Zelt geliehen war, wir beide dieses noch nie aufgebaut gesehen hatten und es stock duster war, verbrachten wir einige Zeit damit. Nach einigen Diskussionen stand das Zelt und wir konnten uns endlich aus den nassen Klamotten schälen und ausruhen. Zumindest bis wir dann heute erkannten, mit wem wir die Wiese geteilt hatten.
Jetzt bei Tag sehe ich erst, wie schön es hier ist. Die Weide liegt direkt am Wasser und dahinter erstreckt sich ein Wald. Im Shelter wäre das sicher ein schöner Schlafplatz gewesen.

Elisas Stimmung am ersten Morgen
Nach diesem holprigen Start in den Urlaub, hatten wir noch eine richtig schöne Zeit in Schweden. Wir haben jede Nacht in einem anderen Shelter geschlafen, waren Minigolf spielen und Kartfahren. Abgeschlossen haben wir den Urlaub dann, nachdem wir die ganze Woche Dosenessen auf dem Trangiakocher warm gemacht und Würstchen über das Feuer gehalten haben, mit einem Essen in Kopenhagen.

Die Aussicht auf den Strand aus unserem Zelt

Unser Shelter am See
Diese erste Reise auf zwei Rädern hat in uns ein Feuer entbrannt. Wir haben erlebt, wie nahe man den Menschen und der Natur kommt, wenn man mit Motorrad und einem Zelt unterwegs ist. Das Wetter, die Gerüche, die Landschaft. All das nimmt man auf dem Motorrad viel intensiver wahr. Durch die Shelter sind wir mit vielen weiteren Reisenden in Kontakt gekommen. Man hat sich unterhalten, gemeinsam Feuer gemacht und den Abend zusammen verbracht. Es war kein typischer Urlaub, an dessen Ende man erholt und frisch nach Hause kehrt. Es war eher eine kleine Reise mit Höhen und Tiefen und vielen Geschichten, an die man sich heute mit einem Schmunzeln zurück erinnern kann.